Fernbeziehung: So gelingt die Liebe auf Distanz
„Distanz lässt das Herz höher schlagen,“ sagt ein bekanntes Sprichwort – doch ist das wirklich so? Oder eher: Wie viel Distanz kann der Herz ertragen? Und wie ist dann die Redewendung „Aus den Augen – aus dem Sinn“ zu verstehen? Mit anderen Worten: Kann eine Fernbeziehung funktionieren? Nach meiner Erfahrung, ja. Aber das auch nur, wenn beide darauf eingestellt sind und einige Grundregeln beachten.
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Eine Fernbeziehung mag nicht deine ideale Beziehungsform sein – und du hattest sicher auch nicht damit gerechnet oder geplant, je eine Fernbeziehung führen zu müssen. Aber die Tatsachen sind, dass du dich in einen Menschen verliebt hast, der in einer anderen Stadt oder gar in einem anderen Land wohnt, und du fragst dich (verständlicherweise), ob Liebe auf Distanz wirklich klappen kann. Ob es nicht besser wäre, die Beziehung zu beenden, die Erinnerungen im Herzen zu tragen und nach vorne zu blicken. Herzschmerz wird es ja so oder so geben.
Ich habe mir die gleichen Gedanken gemacht. Aber als der Tag der Heimreise dann kam, war an eine Trennung nicht mehr zu denken. Wir entschieden uns, eine Fernbeziehung zu führen, drei Jahre lang. Zum Glück. Heute wohnen wir seit 4 Jahren zusammen und haben ein gemeinsames Kind.
Dieser Ratgeber ist für dich, der Zweifel hat, ob (d)eine Fernbeziehung eine Zukunft hat. Ob es nicht zu viel Arbeit, zu mühsam ist, jemanden auf Distanz zu lieben. Denn es ist kein Geheimnis, dass eine Fernbeziehung Einsatz und Zielstrebigkeit erfordert, um zu gelingen.
Funktionieren kann sie aber; sehr gut sogar. Wenn ihr einige Grundregeln beachtet und außerdem positiv und zuversichtlich seid, kann die Liebe auf Distanz nicht nur funktionieren, sondern auch einige Vorteile mit sich bringen. Jep, du hast richtig gelesen – Vorteile!
Klären wir aber erst einmal auf, was eine Fernbeziehung überhaupt ist.
Was ist eine Fernbeziehung?
Wenn du hier gelandet bist, dann weißt du vermutlich schon, ob du eine Fernbeziehung führst oder nicht. Ordnungshalber möchte ich den Begriff aber trotzdem kurz erläutern.
Der Begriff an sich ist ein wenig diffus, wie ich finde, denn jeder erlebt Distanz und Entfernung anders. Wie weit ist weit? Klar, 20 Minuten mit dem Bus, egal wie mühsam man die Fahrt empfindet, qualifiziert nicht für eine Fernbeziehung – aber eine Stunde im Auto mag für manche Paare ein zu weiter Weg sein, um einander im Alltag zu sehen. Wieder andere Paare fliegen um die halbe Welt, um einander 1-2 Mal im Jahr zu sehen.
Wie weit ist also zu weit? Ab wann gilt eine Beziehung als Fernbeziehung? Wie ich es sehe, besteht eine Fernbeziehung dann, wenn ein Paar regelmäßig länger getrennt voneinander lebt als zusammen. Die genaue Kilometeranzahl scheint also zunächst weniger wichtig. Wenn ihr aufgrund der Entfernung keine alltägliche Routine habt und mehr Zeit ohne als mit einander verbringt, dann führt ihr wahrscheinlich eine Fernbeziehung.
Ein weiteres Merkmal einer Fernbeziehung ist, dass sie vorübergehend ist. Sie hat irgendwann eine Ende. Es gibt einen gemeinsamen Plan, in Zukunft zusammenzuziehen. Für die meisten, zumindest.
Es gibt auch Paare, die sich ganz bewusst für eine Fernbeziehung entscheiden und mit dem Getrenntsein glücklich sind. Die Entfernung hat nämlich auch gewisse Vorteile …
Welche Vorteile hat eine Fernbeziehung?
Eine Fernbeziehung bietet vor allem die Möglichkeit, eigenen Interessen nachzugehen bzw. die Zeit zwischen den Treffen sinnvoll zu nutzen, etwa für wichtige Erledigungen oder gemeinsam mit Familie oder Freunden, damit man sich beim Wiedersehen voll und ganz auf einander konzentrieren kann.
Außerdem fühlt sich jedes Wiedersehen wie Urlaub an. Wie eine Auszeit vom Alltag. Für ein paar Tage werden alle anderen Aktivitäten pausiert und man nimmt sich die Zeit, die andere Paare sich (vielleicht) zu selten nehmen, um beim Frühstückstisch hocken zu bleiben, gemeinsam spazieren oder einkaufen zu gehen, zusammen zu kochen und lange, tiefe Gespräche über den Mittagstisch zu führen. Ich denke, vor allem im Nachhinein, dass diese uneingeschränkte Aufmerksamkeit die Verliebtheitsphase verlängert, und ich weiß, dass sie ausreichend Energie bis zum nächsten Wiedersehen hinterlässt. Klar, der Abschied fällt immer schwer – aber das ist wiederum ein Zeichen, dass die Zeit schön war. Dieser Wechsel zwischen Nähe und Distanz belebt die Partnerschaft und gestaltet sie – in meiner Meinung – abwechslungsreicher und spannend. Und es ist tatsächlich auch schön, einander zu vermissen …
Ein weiterer wichtiger Punkt, der vielleicht nicht direkt ein Vorteil ist, aber dennoch erwähnt werden muss, ist, dass die Fernbeziehung wie eine Art Trainingslager für die Liebe ist. Wie stark die Liebe wirklich ist, zeigt sich erst, wenn ihr auseinander seid. Vermisst ihr einander? Oder fällt es euch eher schwer, treu zu bleiben? Wenn etwas nicht rund läuft, dann zeigt sich das beim Wiedersehen auch schnell, vor allem, weil man sich in der Wohnung des Partners nicht einfach wie im eigenen Zuhause zurückziehen kann. Wie ihr mit einander unter Druck kommuniziert und Konflikte löst, wird vermutlich auch enthüllen, ob ihr ein gutes Match seid.
Besondere Herausforderungen in einer Fernbeziehung
Eine Fernbeziehung bietet aber natürlich auch gewisse Nachteile und Herausforderungen. Es fällt nicht allen gleich leicht, getrennt zu leben bzw. einander nicht regelmäßig zu sehen und die Solo-Zeit zwischen den Treffen für etwas Sinnvolles zu verwenden. Außerdem kann der Wechsel zwischen Nähe und Distanz für manche eine besondere Herausforderung darstellen; denn es fordert eine gewisse Mentalität und Anpassungsfähigkeit, eine Fernbeziehung zu führen. Eben hat man sich daran gewöhnt, neben seinem Partner aufzuwachen – und im nächsten Moment ist man wieder allein. Bei jedem Wiedersehen fängt man in gewisser Weise ein wenig neu miteinander an – und wenn man den Reiz darin nicht finden kann, dann wird das Führen einer Fernbeziehung auf Dauer sehr anstrengend.
Wie viele Paare führen in Deutschland eine Fernbeziehung?
Manchmal hilft es schon, zu wissen, dass man nicht alleine ist. Laut Parship leben allein in Deutschland circa 1,7 Millionen Paare mehr als 100 Kilometer voneinander entfernt, mit steigender Tendenz. Jede 8. Beziehung ist also eine Fernbeziehung. Wenn 1,7 Millionen Menschen das schaffen können, dann du auch. Zumindest dann, wenn du bzw. ihr einige Grundregeln beachtet. Versprochen.
So gelingt die Liebe auf Distanz: Unsere besten Tipps
Gleich vorweg: Eine Fernbeziehung mag nicht für alle sein. Manche Menschen haben ein besonders großes Bedürfnis nach Nähe und Intimität, das sich nur schwer mit der Entfernung vereinen lässt. Alter und Reife sind weitere Parameter, die für das Scheitern oder Gelingen einer Fernbeziehung erheblich sein können.
Letztendlich ist aber nichts unmöglich und diese Fernbeziehungsprofi-Tipps sollen euch helfen, die Liebe zum Blühen und Gedeihen zu bringen, ganz egal, wie viele Meilen euch voneinander trennen.
1. Genießt die Solo-Zeit
Für mich war einer der größten Vorteile der Fernbeziehung die extra Zeit, um eigenen Interessen nachzugehen. Auch wenn ich meinen Partner vermisst habe, hatte ich noch nie das Gefühl, ich verpasse etwas, weil ich mit so vielen anderen Sachen beschäftigt war und wusste, dass wir das restliche Leben zusammen hatten. Ich habe das Alleinsein genossen; mich mit Freundinnen getroffen, Zeit mit meiner Familie verbracht und neue Hobbies angefangen. Und ich habe es geliebt, abends mit meinem Partner zu telefonieren und ihm über meinen Tag zu erzählen und von seinem zu hören. Es hat sich wie eine Pause vom Alltagsleben angefühlt.
Deshalb lautet mein ertser Rat auch: Unterlasse es, zu viel Gedankenkraft damit zu verschwenden, was hätte sein können, wärt ihr nicht so weit auseinander. Genießt lieber die Solo-Zeit und die Tatsache, dass du dein Ding ohne große Rücksichtnahme auf deinen Partner durchziehen kannst, egal, ob du viel arbeitest, dich in einer heißen Phase deines Studiums befindest oder ständig unterwegs bist.
Entfernung ist – in gewisser Weise – auch immer eine Möglichkeit, das Ich zu stärken und eine Welt außerhalb der Beziehung zu haben, was sich nicht nur positiv auf das Selbstwertgefühl auswirkt, sondern auch der Fernbeziehung zugutekommt.
2. Lasst einander an eurem Alltag teilhaben
Damit ihr einander aber nicht aus den Augen verliert und zwei separate Leben führt, ist es natürlich wichtig, dass ihr Zeit füreinander findet und darauf aufmerksam seid, den anderen ins Alltagsleben einzubinden. Erzählt euch, was ihr den Tag über gemacht habt, teilt schöne, aber auch weniger schöne und traurige Momente miteinander und lässt einander am Alltagstrott teilhaben. Schreibt Nachrichten, schickt lustige Memes, telefoniert und kommuniziert.
Zum Glück war es noch nie so unkompliziert, trotz großer Entfernung in Kontakt zu bleiben. Eigentlich gibt es kaum noch eine Entschuldigung, den Bildschirm nicht mal einzuschalten und zusammen per Video-Chat zu kochen oder essen.
3. Etabliert kleine Rituale
Kleine Rituale wie eine tägliche Gute-Nacht-Nachricht oder eine feste, wöchentliche Verabredung zum Telefonieren können eine großartige Hilfe sein, um einander in den Alltag einzubinden und ein „Wir“-Gefühl zu etablieren, was sonst schwierig sein kann, wenn man auseinander ist.
Je nachdem, von welcher Entfernung wir sprechen, kann es natürlich eine Weile dauern, bis ihr herausgefunden habt, welche Tageszeit sich am besten zum Chatten bzw. Telefonieren eignet, aber das ist völlig normal und okay. Die Hauptsache ist, dass ihr euch ein paar mal in der Woche gleichzeitig Zeit füreinander nehmt.
4. Vermeidet Streit nicht
Streit ist Teil jeder (gesunden) Beziehung – aber in Fernbeziehungen oft etwas komplizierter, weil man aus offensichtlichen Gründen nicht die gleichen Möglichkeiten der Versöhnung hat. Es fällt schwerer, die Reaktion des anderen zu lesen – und darauf (richtig) zu reagieren. Und wenn man sich dann endlich sieht, möchte man die kostbare Zeit nicht mit Streiten verbringen. Völlig verständlich. ABER es ist super-duper-wichtig, vor allem in einer Fernbeziehung, dass ihr es offen ansprecht, wenn euch etwas stört, ihr euch Sorgen macht oder es andere Probleme in der Beziehung gibt. Denn je mehr ihr diese Gefühle unterdrückt, desto eher häufen sie sich an – und je angespannter wird die Stimmung zwischen euch. Auf Dauer riskiert ihr das Beziehungsglück.
Sprecht Probleme und Unsicherheiten deshalb offen an und verabredet eventuell, dass keiner auflegt bzw. den Raum verlässt, bevor ihr die Sache gelöst habt.
5. Habt Geduld und Verständnis
Manchmal ist man einfach zu müde, um zu skypen – oder möchte doch lieber mit in die Stadt, als daheim vor dem Computer zu sitzen. Das ist völlig ok und heißt nicht, dass mit der Beziehung etwas nicht stimmt. Im Gegenteil; auch Paare, die zusammen wohnen und glücklich mit einander sind, schweigen sich abends vor dem Fernsehen nur noch an. Auf Reden hat man nicht immer Bock. Versucht mit anderen Worten nicht, einander einzuengen und habt Verständnis, wenn etwas nicht nach Plan läuft. So ist das Leben nun einmal.
6. Plant, wann ihr euch das nächste Mal seht
Dieser Punkt war für mich in meiner Fernbeziehung besonders wichtig. Wenn ich wusste, wann ich meinen Partner das nächste Zeit sehen würde, dann fiel es mir gleich leichter, mit der Entfernung umzugehen und meine Solo-Zeit zu genießen. Deshalb haben wir immer gleich einen neuen Termin ausgemacht, als ich – oder er – wieder daheim war. Zudem haben wir durch das frühzeitige Buchen oft Geld gespart.
7. Unternehmt auch langweilige Dinge zusammen
Wenn ihr euch nur selten sieht, dann fühlt sich jedes Treffen wie Urlaub an. Und das ist auch gut so. Nehmt euch Zeit, um auszuschlafen, durch die Stadt zu schlendern und essen zu gehen, aber versuche auch, Zeit für langweilige, alltägliche Aktivitäten wie Wäsche falten zu finden, um der Beziehung und der gemeinsamen Zeit einen Hauch von „Normalität“ zu geben. Früher oder später werdet ihr hoffentlich zusammenziehen und dann ist es oft ein Vorteil, wenn ihr diese Seiten voneinander bereits kennt.
Manchmal ist es auch schön, zusammen auf dem Sofa zu faulenzen und den ganzen Tag Filme zu schauen. Hegt an eure gemeinsame Zeit nicht die Erwartung, dass diese immer etwas ganz Besonderes sein muss – das ist in einer Beziehung, in der das Paar zusammenlebt, auch nicht so.
8. Redet über die Zukunft
Gemeinsame Pläne und tiefe Gespräche über Ziele und Träume für die Zukunft schaffen Verbindlichkeit, vor allem dann, wenn man eine vorübergehende Fernbeziehung führt und sich im Alltag nicht sieht. Doch auch Paare, die zusammenwohnen und einander jeden Tag sehen, sollten sich bewusst machen, welche Erwartungen sie jeweils an die Zukunft haben – und diese miteinander besprechen. Denn in einer Beziehung haben beide grundsätzlich ein Bedürfnis nach Weiterentwicklung und wenn man sich über den nächsten Schritt der Beziehung nicht einig ist bzw. wenn die individuellen Wünsche und Vorstellungen zu weit auseinander liegen, dann hat die Beziehung womöglich gar keine Zukunft.
9. Kommuniziert offen und ehrlich mit einander
Dieser Punkt ist selbsterklärend aber wichtig! Offene und ehrliche Kommunikation ist ein Grundpfeiler jeder Beziehung und eine Voraussetzung, um Eifersucht und fehlendes Vertrauen zu vermeiden. Mit anderen Worten: Wenn ihr nicht offen und ehrlich miteinander kommuniziert, dann wird es schwierig, eine Fernbeziehung zu führen.
Wie oft sollte man sich in einer Fernbeziehung sehen?
Wie oft man sich in einer Fernbeziehung sehen muss, um sich nicht langsam aus den Augen zu verlieren, gilt es für jedes Paar individuell herauszufinden. Neben sozialen und beruflichen Verpflichtungen wirkt sich die Entfernung bzw. die finanziellen Möglichkeiten eines Paars natürlich auch auf die Häufigkeit der Treffen aus. Wichtig ist, dass ihr offen und ehrlich über eure Bedürfnisse und Begrenzungen kommuniziert, Geduld habt und versucht, Lösungen zu finden, die beide berücksichtigt.
Hat eine Fernbeziehung eine Zukunft?
Auf jeden Fall! Wenn beide darauf eingestellt sind und gleiche Visionen und Wünsche für die Zukunft haben. Wie gesagt: Ich habe drei Jahre lang eine Fernbeziehung geführt und es genossen. Heute wohnen wir seit 4 Jahren zusammen und haben ein gemeinsames Kind. Aber ohne klare Kommunikation, Zuversicht und Einsatz hätte sie nicht geklappt. …Aber ist es in jeder Beziehung nicht so?