Beziehung retten: So schafft ihr es aus der Beziehungskrise heraus
In jeder Beziehung kriselt es ab und zu – das gehört dazu, wenn man mit einem anderen Menschen zusammenwohnt, und ist an sich kein Grund zur Sorge, solange es kein Dauerzustand ist. Aber was ist, wenn die Liebe wirklich kurz vor dem Aus ist? In diesem Artikel gehen wir den Fragen auf den Grund, wie es überhaupt zur Beziehungskrise kommt, ob die Beziehung noch zu retten ist und vor allem wie.
Die Anfangsphase einer Beziehung ist oft von Schmetterlingen und Verliebtheit geprägt. Diese Person scheint fast zu gut, um wahr zu sein – und ist es in der Regel auch. Zumindest werden die Schmetterlinge nach einiger Zeit weniger und der Partner bzw. die Partnerin erscheint nicht mehr im selben rosaroten Licht wie noch zu Anfang der Beziehung.
Irgendwann holt der Alltag so ziemlich jede Beziehung ein und das ist auch gut so. Man setzt die rosarota Brille wieder ab und beginnt, seine*n Parter*in so zu sehen, wie er bzw. sie wirklich ist. Im Idealfall erkennt man natürlich die Eigenschaften und Eigenarten wieder, in die man sich anfangs verliebt hat; erkennt und akzeptiert aber auch, dass kein Mensch perfekt ist bzw. dass eine Beziehung stets eine Arbeit ist und auf Kompromissen beruht.
Statt dem Glückshormon Dopamin, der das prickelnde Gefühl der Verliebtheit auslöst, spielt in dieser zweiten Phase der Beziehung vor allem Oxytocin eine große Rolle, das unter andrem Geborgenheit und Vertrauen vermittelt und dabei auch Stress, Anstrengung und Aggression reduziert. Doch mit dem Wechsel von leidenschaftlichen Begegnungen zu vertrauter Zweisamkeit kommen viele Menschen nicht klar. Bereits innerhalb des ersten Jahres, wenn die Verliebtheit nachlässt, kriselt es bei vielen Paaren in der Beziehung, wie eine Langzeitstudie der Universität Stanford auch zeigt.
Uneinigkeiten und Streitereien sind Teil jeder Beziehung und an sich kein Grund zur Sorge. Wenn sich die Streitereien aber häufen, im Bett nur noch Flaute herrscht oder sich unliebsame Gedanken über den eigenen Partner in den Kopf schleichen, dann sind das oft Zeichen, dass man bereits mittendrin steckt: in der Beziehungskrise. Wie schafft man es da raus?
Häufige Ursachen für eine Beziehungskrise
Zuallererst kann es sinnvoll sein, einzugrenzen, wie es überhaupt zur Beziehungskrise gekommen ist bzw. was eigentlich das Problem ist. Gab es ein spezifisches Ereignis, die zur Krise geführt hat, oder hat sich die Krise über einen längeren Zeitraum aufgebaut? Wenn man die Ursache kennt, dann wird es auch oft einfacher, einen Weg aus der Krise zu finden.
Einige häufige Gründe haben wir hier zusammengefasst.
1. Keine Intimität
Ein Anzeichen, das oft mit einer Beziehungskrise einhergeht – oder die Krise vielleicht sogar auslöst – ist fehlende Intimität. Sex ist nämlich nicht nur ein netter Zeitvertrieb, sondern auch ein wichtiger Teil der emotionalen Bindung. Die Botenstoffe, die dabei im Gehirn freigesetzt werden, vertiefen und festigen die Bindung. Dies gilt im Übrigen auch für kleine Berührungen im Alltag; jeder kennt die Wirkung, die ein Kuss oder eine Umarmung nach einem Streit oder einem anstrengenden Tag haben kann.
Wenn es dagegen gar keine körperliche Nähe in der Beziehung mehr gibt, kann das ein Warnsignal sein, dass sie nicht mehr richtig funktioniert.
2. Ungenügende Kommunikation
Wenn man ständig aneinander vorbeiredet oder sich nichts mehr zu sagen hat, dann fehlt eine der Grundsäulen einer gesunden Beziehung. Kommunikation ist key, nicht nur, um Missverständnisse zu vermeiden, sondern eben auch, um Konflikte zu lösen.
3. Ständiger Streit
Streit in einer Beziehung ist an sich kein Warnsignal, sondern kann sogar gesund und fördernd sein. Jedes Paar streitet. Es wird erst dann kritisch, wenn man sich öfters anschreit als anlächelt, sich nicht mehr kompromissbereit zeigt und sich keine Mühe mehr gibt, den anderen zu verstehen; wenn es beim Streiten also nicht mehr darum geht, Sachen auszudiskutieren und eine Lösung zu finden, sondern eher darum, sich gegenseitig zu beleidigen.
4. Schwindendes Interesse
Wie einleidend auch erwähnt, ist es völlig normal, dass die erste Verliebtheit nach einiger Zeit nachlässt. Die Schmetterlinge werden weniger – und viele Paare interpretieren dies als Zeichen, dass auch die Beziehung am Ende ist.
Wie im wirklichen Leben auch, haben Schmetterlinge aber nur eine begrenzte Lebenszeit. Mit der Zeit gewöhnt sich der Körper an die Rauschzustände, die vom Glückshormon Dopamin ausgelöst werden, und die Euphorie nimmt ab. Zweisamkeit führt dazu, dass der Dopaminrausch mit mehr Oxytocin ersetzt wird, das vordergründig für Bindung und Vertrauen ursächlich ist. Aus Verliebtsein wird – hoffentlich und mit etwas Geduld – Liebe.
5. Unterschiedliche Zukunftsvorstellungen
Ein häufiger Grund, warum es zur Beziehungskrise kommt, sind unterschiedliche Vortestellungen von der gemeinsamen Zukunft. Während es bei manchen Themen wie Wohnort oft noch möglich ist, ein Kompromis zu finden, gibt es andere Themen, über die man am besten vorher geredet haben und sich einig sein muss, damit eine gemeinsame Zukunft überhaupt vorstellbar ist. Dazu gehört zum Beispiel das Thema Kinder. Wenn einer unbedingt Kinder will, der andere aber nicht, dann hat die Beziehung meistens keine Zukunft. In dieser Situation ist es oft besser, die Beziehung zu beenden.
6. Vertrauensbrüche
Ein Vertrauensbruch stellt ein weiterer, häufiger Grund für Beziehungskrisen dar. Die Art des Vertrauensbruchs ist dabei weniger wichtig; wenn das Vertrauen erst gebrochen ist, dann dauert es in der Regel eine Weile, es wieder aufzubauen.
Tipps, wir ihr die Beziehung retten könnt
Vielleicht erkennt ihr euch in einer der oben genannten Situationen wieder. Oder es sind andere Probleme, die bei euch immer wieder zur Oberfläche kommen. So oder so ist der erste Schritt aus der Beziehungskrise die Erkenntnis, dass es ein Problem gibt, das es zu lösen gilt.
Die gute Neuigkeit ist, dass es noch Hoffnung gibt, wenn ihr beide bereit seid, für die Partnerschaft aktiv zu kämpfen. Grundsätzlich bringt jede Beziehungskrise auch immer das Potential mit sich, dass ihr dadurch noch stärker zusammenwächst.
Eine universelle Lösung gibt es natürlich nicht. Stattdessen muss jeder für sich seinen ganz individuellen Weg aus der Krise finden. Hoffentlich können euch folgende Tipps helfen, mehr Klarheit zu gewinnen und einen Neuanfang zu wagen.
1. Schafft Abstand
Zunächst gilt es, sich seine Bedürfnisse und Wünsche klarzumachen – und das tut man am besten, indem man ein wenig Abstand schafft. Damit ist keine Beziehungspause gemeint, sondern eher kleine Freiräume im Alltag, die den Blick auf die Beziehung noch einmal verändern können.
Versucht daher auch, seperat was zu unternehmen; allein oder gemeinsam mit Freunden. Wenn man 24 Stunden am Tag aufeinander hockt, dann wird man auch schnell blind für die Eigenschaften, die man an seinem Partner mag und schätzt. Distanz lässt das Herz höher schlagen, sagt eine bekannte Redensart – und das trifft unserer Erfahrung nach auch oft in Beziehungskrisen zu.
2. Macht euch bewusst, was ihr aneinander schätzt
Dieser Punkt hängt ein wenig mit dem vorherigen zusammen; denn wie eben erwähnt kann man im Alltagstrott schnell blind für die Eigenschaften und Qualitäten werden, die man aneinander schätzt. Schließlich wärt ihr vermutlich kein Paar geworden, hätten keine eindeutigen Gründe dafür gesprochen.
Versucht euch also mal an die Anfangszeit eurer Beziehung zurückzuerinnern, als die Gefühle der Verliebtheit besonders stark waren: Warum habt ihr euch in einander verliebt? Was sind die positiven Seiten eurer Beziehung und welche Eigenschaften schätzt ihr besonders aneinander?
3. Kommuniziert richtig
Kommunikation ist eine Grundsäule jeder gesunden Beziehung. Wenn ihr nicht offen und vor allem ordentlich mit einander darüber reden könnt, wie es euch geht und was in der Beziehung gerade schief läuft, dann wird es auch schwer, die Beziehung zu retten. Streit ist nur dann günstig, wenn es darum geht, Sachen auszudiskutieren, und beide aktiv versuchen, sich in die Lage des anderen hineinzuversetzen. Wenn es dagegen sehr emotional zugeht und nur noch Vorwürfe durch die Luft fliegen, dann wird die emotionale Entfernung wahrscheinlich nur noch größer.
Wichtig beim Thema Beziehungskrise und Kommunikation ist auch, sich stets daran zu erinnern, die Ich-Perspektive zu verwenden: Während Aussagen wie „Du denkst gar nicht daran, wie es mir (dabei) geht“ oder „Du siehst immer nur deine Bedürfnisse“ schnell als Anschuldigungen verstanden werden können und daher oft abprallen, sind Sätze, die mit „Ich habe das Gefühl, dass meine Bedürfnisse immer in den Hintergrund geschoben werden“ beginnen, viel konstruktiver, weil das verletzte Gefühl hinter der ursprünglichen Aussage dadurch viel besser zum Ausdruck kommt.
Durch diese Aty Kommunikation fällt es auch leichter, die Bedürfnisse des anderen zu erkennen und darauf einzugehen, um die Beziehung zu retten.
4. Nähert euch körperlich (wieder) an
Körperliche Nähe, Intimität und Sex ist nicht nur die schöneste Nebensache der Welt, sondern auch sehr wichtig, um die emotionale Bindung zwischen Liebenden zu stärken. Wenn man sich nicht mehr berührt und anfasst, dann vergrößert sich also auch oft die emotionale Distanz.
Versucht daher, euch körperlich wieder anzunähern. Ihr müsst dabei nicht direkt aufs Ganze gehen und Sex haben – wenn ihr emotional weit auseinander sind, fällt das wahrscheinlich sowieso schwer – sondern kleine Annäherungen im Alltag; eine Berührung am Arm beim gemeinsamen Kochen oder im Vorbeilaufen, Umarmungen und Händchenhalten, können auch helfen, die körperliche und emotionale Distanz zwischen euch zu verkleinern.
Kennt ihr die Liebessprache des anderen?
Es kann im Übrigen auch sehr nützlich sein, die Liebessprache des anderen zu kennen, das heißt die Art und Weise, wie er oder sie seine bzw. ihre Liebe bevorzugt zum Ausdruck bringt.
Während manche Menschen Ihre Liebe und Zuneigung etwa durch körperliche Nähe und Berührungen ausdrücken, legen andere größeren Wert auf wörtliche Anerkennung; Komplimente, Lob, Ermutigungen, Wertschätzung und liebe Worte. Und es versteht sich fast von selbst: Wenn zwei Menschen mit unterschiedlichen Liebessprachen aufeinandertreffen und sich keine Mühe geben, die Sprache des anderen zu erlernen, dann läuft die Kommunikation in der Beziehung schief und es entstehen Missverständnisse.
Wenn man die Liebessprache seines Partners oder seiner Partnerin dagegen kennt, dann kann man ihn bzw. sie auch viel besser verstehen, was die Kommunikation natürlich fördert.
5. Überrascht einander
Überraschungen und kleine Geschenke und Liebesbeweise im Alltag ist eine weitere Liebessprache, die die meisten aber kennen und verstehen. Natürlich kann und sollte die Liebe des anderen nicht gekauft werden; mit kleinen Aufmerksamkeiten wie einem Blumenstrauß, Kinotickets oder dem Lieblingsessen des anderen kann man seinem Partner bzw. seiner Partnerin aber kommunizieren und zeigen, dass er oder sie einem wichtig ist.
6. Schafft bewusst Zeit füreinander
Der Alltag (vor allem mit Kindern) ist wohl einer der bekanntesten Beziehungskiller. Es fällt vielen (verständlicherweise) schwer, neben Arbeit, alltäglichen Pflichten, Freizeitinteressen und Kindern noch Zeit und Energie für einander zu finden. Abends lockt der Sofa – und dann ist plötzlich wieder eine Woche rum.
Es ist völlig normal, dass die Romantik in langjährigen Beziehungen mitunter verloren geht. Trotzdem sollte man nicht einfach akzeptieren, dass jeder Abend mit Fernsehen auf der Couch endet und man immer mehr aneinander vorbei lebt.
Um die Liebe am Leben zu halten, muss man natürlich auch Zeit in die Beziehung investieren und sich bewusst Zeit für einander nehmen. Und dabei meinen wir nicht gemeinsam vor dem Fernseher hocken, sondern einander in die Augen schauen. Versucht, einen Abend in der Woche zu reservieren, an dem es nur um euch beide geht. Ihr müsst dabei natürlich nicht jede Woche ins 5 Sterne Hotel gehen oder gar wohinfahren, sondern Brettspiele und Sushi daheim, eine Pizza beim Italiener nebenan, Minigolf im Park oder ein Eis beim See können genau so schön und sogar noch schöner sein.
7. Lasst euch auf Kompromisse ein
Eine Beziehung basiert immer auf Geben und Nehmen. Dieses Prinzip ist so alt wie die Menschen selbst; wir sind aufeinander angewiesen, um unsere Bedürfnisse erfüllen zu können. Überspitzt gesagt, so Therapeutin und Autorin Dami Charf: „Wir müssen uns gegenseitig helfen, um überleben zu können. In seiner Geschichte musste der Mensch immer teilen: Wissen, Werkzeuge, Nahrung. Es war die Solidarität der einen, die das Überleben der anderen sicherte. Dieses sogenannte Prinzip der Reziprozität (oder Gegenseitigkeit) ist der Grundpfeiler des menschlichen Zusammenlebens.“
Wenn aber einer nur nimmt und nichts gibt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bevor die Beziehung aus dem Gleichgewicht gerät. Wer immer nur auf den eigenen Vorlieben und Wünschen beharrt, zeigt wenig Empathie und Wertschätzung für den Partner oder die Partnerin.
Wichtig ist daher, sich bewusst zu machen, dass eine funktionale und ausgeglichene Beziehung auch immer auf Kompromissen beruht.
8. Holt professionelle Hilfe
Wenn ihr es aus eigener Kraft nicht aus der Beziehungskrise schafft, dann ist es vielleicht an der Zeit, um Hilfe zu bitten und eine Paarberatung aufzusuchen, um die Wogen in der Partnerschaft wieder zu glätten.
Quellen
- https://www.jolie.de/liebe/beziehung/laut-studie-diesem-beziehungsjahr-trennen-sich-die-meisten-paare-wirklich-213547.html
- https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/das-weiss-die-wissenschaft-ueber-liebe/
- https://www.morgenpost.de/ratgeber/article236807505/beziehung-leidenschaft-liebe-sex-paar-ehe.html
- https://www.parship.at/ratgeber/beziehung/wie-viel-intimitat-braucht-eine-beziehung/
- https://www.watson.de/leben/fragen-der-liebe/622349411-liebe-und-beziehung-wie-viel-streit-ist-in-partnerschaften-normal